Auszug aus Gitarre&Bass zu Daniel D MK3
Daniel D - MK 3
Daniel-D.-Tube-Booster
Praxis
Was mit dem Begriff Booster gemeint ist, läßt sich nicht eindeutig definieren. Grundsätzlich handelt es sich zwar immer um aktive Schaltungen, die den Signalpegel anheben, aber man muß differenzieren zwischen linearen und soundformenden Boostern. In die erste Kategorie gehören z.B. Verstärker-Einheiten, wie sie für den Einbau in die Gitarre angeboten werden.
Eine Beeinflussung des Sounds findet hier in der Regel nicht statt. Demgegenüber stehen Booster/Verstärker; die die Klangfarbe mit einer eigenen Wiedergabecharakteristik mehr oder weniger deutlich prägen. Zu denen gehört Reußenzehns Daniel-D. Er betont intensiv den Treblegehalt des Gitarrensignals was zur Folge hat, daß das Klangbild überaus brillant und durchsichtig wirkt. Man könnte auch sagen, Daniel-D. nimmt das Obertonspektrum unter die Lupe und macht damit überdeutlich, was in dem Instrument steckt.
Oh ja, das kommt so gut, daß man den Booster gar nicht mehr ausschalten möchte. Im Vergleich zum geboosteten Signal wirkt das Original geradezu leblos und matt. Ganz klar, Amps, denen es beispielsweise im cleanen Kanal an Frische fehlt, erwachen mit Daniels Unterstützung zu neuem Leben. Seine Wiedergabe verhilft aber auch an sich schon wohltönenden Amps zu neuen Soundfacetten.
Stichwort Distortion. Da der Verstärker mit einem überaus transparenten Signal gefüttert wird, verbessert sich in den meisten Fällen das Zerrverhalten, sprich Akkorde erfreuen sich klarerer Artikulation, Flageoletts gewinnen an Intensität und lassen sich leichter umsetzen. Mehr Höhen am Input bedeutet außerdem, daß man mit gezügelteren Einstellungen der Treble- und Presence-Regler am Amp auskommt.
Das letztlich unvermeidliche Rauschen eines Lead-Kanals tritt somit mehr in den Hintergrund. Dadurch, daß Daniel-D. ja auch kräftige Pegelanhebungen ermöglicht und sich dabei erfreulicherweise mit Nebengeräuschen extrem zurückhält, läßt sich der Verstärker zu wesentlich intensiveren Verzerrungen bewegen, bzw. man kann niedrigere Gain-Stellungen wählen, was letztlich wiederum einen günstigen Einfluß auf die Störgeräuschentwicklung hat.
Die erste Daniel-D.- Generation produzierte quasi eine Clean-Verstärkung. Leichtes Zerren entstand nur in Verbindung mit überdurchschnittlich leistungsstarken Tonabnehmern und/oder bei hartem Anschlag. In dieser Hinsicht verhält sich die neue Version anders. Die um ca. 30% erhöhte Verstärkung hat zur Folge, daß viel eher ein crunchiger Overdrive entsteht. Mit dem Level-Poti läßt sich dies im übrigen nicht beeinflussen. Der Verstärkungsfaktor der Schaltung ist fest eingestellt, der Regler bestimmt lediglich den effektiven Ausgangspegel (wie bei der Gitarre, wo die Tonabnehmer ja auch ständig die volle Leistung abgeben und das Lautstärkepoti davon mehr oder weniger zur Klinkenbuchse gelangen läßt).
Daniel-D entwickelt die leichten Overdrive-Zerrungen nur in den obersten Frequenzregionen. Hhmm, ist das praktisch, was ist denn dann mit meinem Cleansound? Nun, die Lösung lautet nicht unbedingt den Daniel-D. auszuschalten. Ob Overdrive entsteht, und wie stark, ist von der Stärke des Anschlags abhängig, der Art des Tonmaterials und nicht zuletzt von der Stellung des Guitar-Volume. Power-Chords zerren, Volume etwas zurück und sie werden sogleich clean.
Hart angerissene Einzelnoten erreichen ebenfalls Crunch-Färbung, ein soft gespieltes Arpeggio dagegen kommt sauber zu Ohren. Das Zerrverhalten des Daniel-D. läßt sich also feinfühlig beherrschen bzw. erweitert summa summarum das Soundspektrum. Muß der Overdrive im Grunde als eine Bereicherung angesehen werden, ist dennoch nicht auszuschließen, daß der eine oder andere Gitarrist eine vollkommen cleane Verstärkung des Signals vorziehen würde.
Insofern wäre es sicher von Vorteil, wenn Reu?enzehn neben dem Mini-Switch, der eine kräftige Betonung des Bass/Low-Midgehalts zuläßt, auch einen Umschalter für die Verstärkungscharakteristik vorsehen würde. Reußenzehns Kommentar dazu:,,Technisch überhaupt kein Problem, es genügt ein zusätzlicher Widerstand und ein Schalter. Die Anregung wird wohl in die Serienfertigung einfließen.
Abgesehen von seinen exzellenten Qualitäten als Amp-Booster hat Daniel-D. noch ein anderes Plus in petto. Sein Ausgang ist niederohmig, d.h., die Kabellänge vom Tube-Booster zum Verstärker ist unkritisch (quasi keine Soundverluste). Und von Fall zu Fall kann seine Eingangsanpassung auch noch dafür sorgen, daß das Guitar-Volume günstiger arbeitet.
Zum Umgang mit dem Tube-Booster sei noch bemerkt, daß wie so oft weniger mehr sein dürfte. Reichlich Boost zu geben, führt nur bedingt zu zweckdienlichen Resultaten. Maßvolles Vorgehen ist angesagt, sprich, man stimme den Ausgangspegel so ab, daß das geboostete Signal nur wenig stärker ist als das Original. Sonst,,stopft" es die Distortionkanäle unter Umständen bis zum Hals zu..., nicht wahr, wir wollen doch kein vermatschtes Zerrbrett?!
Resümee:
Reußenzehns Daniel-D.-Tubebooster verspricht in Verbindung mit jedwedem Amp Soundgewinn. Von seiner sehr nebengeräuscharmen Signalverstärkung profitieren natürlich vor allem (Vintage-?) Verstärker; die von sich aus nur gezügelte Distorsion freimachen. Daneben ist die höhenreiche, für erhöhte Transparenz sorgende Wiedergabe des Daniel-D. geeignet, Verstärkern mit schlappem Sound klanglich auf die Beine zu helfen. Kurz, meine Empfehlung: Unbedingt ausprobieren. Das Fazit stützt sich unter anderem auf meine langjährige Erfahrung mit dem Vorgängermodell und lautet unverändert: Preis und Leistung stehen in Anbetracht der guten Signalbearbeitung und der technisch einwandfreien Konzeption in einem ausgewogenem Verhältnis.
Der komplette Test ist nachzulesen bzw. downloadbar Gitarre & Bass