Auszug aus Pressebericht FAZ (Technik & Motor)
Schön fürs Auge und angenehm fürs Ohr: Der Reußenzehn-Röhrenverstärker Tube Slave S im Konzert mit dem Thorens-CD-Spieler TCD 2300. Kann es ein schöneres HiFi-Gerät geben, als einen Röhrenverstärker?
Statt wie ein nüchterner Quader sieht er aus wie eine kleine Fabrik: Da ragen scheinbar gläserne Silos und zylindrische Kühltürme auf, daneben mächtige Klötze von fensterlosen Lagerschuppen und nachts ist alles feenhaft beleuchtet. In Wahrheit sind es natürlich Röhren, Kondensatoren und Transformatoren, die auf dem Basisgehäuse versammelt sind und den Betrachter noch unmittelbar teilhaben lassen an dem Weg, den ein zartes Eingangssignal zurücklegt, bis es zum Treiben eines Lautsprechers ausreichend gekräftigt ist.
Thomas Reußenzehn, Röhrenspezialist von hohen Graden (63073 Offenbach,Tel.0173 7837313, Fax 09737 828430) beherrscht die Kunst, diese Technik so appetitlich wie möglich anzurichten. Und so ist denn auch sein Vollverstärker Tube Slave S zunächst einmal eine Augenweide.
Das gilt zumindest solange, wie man seine Bestückung nicht unter der eigentlich obligatorischen, vor Brandblasen und Stromschlag schützenden Gitterhaube versteckt. Diese stützt sich auf das stählerne, mit Klavierlack beschichtete Gehäuse in Form eines Pyramidenstumpfs, auf dessen Vorderseite nichts zu sehen ist ausser dem Netzschalter und dem Pegelsteller.
Zweitens ist der Tube Slave ein schöner Beweis dafür, dass man Gutes nicht dauernd ändern muss. Reußenzehn hat ihn 1983 entwickelt und seither im Detail, nicht aber im Prinzip verändert.
Drittens darf er sich, wie alle Produkte des Offenbachers, eines vernünftigen Preis-Leistungs-Verhältnisses rühmen. Nimmt man ihn mit der als besonders langlebig (20 000 Stunden und mehr) bekannten Militär-Endröhre 5881,bietet er 2x36 Watt Ausgangsleistung. Mit der legendären Endröhre KT 88 in einer eigens für Reußenzehn konfektionierten, hochwertigen Ausführung sind es 2x45 Watt. Die Preise enthalten jeweils eine separate kleine Umschalteinheit mit vier Ein- und zwei Ausgängen für den Anschluss zusätzlicher Signalquellen, da der Tube Slave S selbst nur einen (Cinch-)Eingang hat.
Viertens der Klang: Da hat Reußenzehn bestens vorgesorgt. Die Ausgangs-Übertrager unter ihren vergoldeten Hauben sind hochwertige Schnittbandkern-Transformatoren, deren Wicklungslagen mit minimierten Luftspalten geringste Streuverluste garantieren und optimal miteinander verschachtelt sind.
Zur Philosophie des Entwicklers gehört zudem der fliessende Trioden-Pentoden-Betrieb. Für die interne Verdrahtung werden Stoffgewickelte Silikonsilberdrähte verwendet. Schon die Ausgangsleistung des Tube Slave S erreicht für einen Röhrenverstärker ungewöhnlich hohe Werte. Für seine universelle Verwendbarkeit spricht aber ebenso, dass selbst Impedanzen bis hinunter zu 2 Ohm - Prüfsteine auch für Transistor-Verstärker - ohne Risiko angeschlossen werden können.
Allenfalls sehr stromhungrige Lautsprecher und dazu ungewöhnliche Pegelanforderungen könnten also den Reußenzehn-Verstärker in Verlegenheit bringen, mit dem Gros des Boxen-Angebots kommt er mühelos zurecht. Im normalen Betrieb - durchaus nicht nur mit klassischer Musik, sondern auch mit stark basslastigem Rock- und Popmaterial - bestätigt er alle positiven Eigenschaften guter Röhren-Amps: angenehmer, unangestrengter Klang, rund und auch bei dauerndem Hören ohrenfreundlich, saubere Räumlichkeit, ausgewogene Behandlung aller Frequenzbereiche.
Es macht einfach Freude, ihm zu lauschen. Wir kombinierten ihn, Adel verpflichtet, mit dem neuen CD-Spieler TCD 2300 von Thorens, der ebenfalls eine Ausgangsstufe mit zwei Röhren hat - durch ein Fensterchen in der Frontplatte werbewirksam sichtbar.
Auch mit seinen vergoldeten Bedienungsknöpfen, die nur die allerwichtigsten Funktionen repräsentieren (der Rest wird von der Fernbedienung aktiviert) sieht das flache Gerät mit seinem Schubladen-Laufwerk sehr wertvoll aus.
Separate Stromversorgungen für Digital - und Analogteil und ein Cinch-Digitalausgang, der auf Wunsch durch eine XLR-Buchse ersetzt werden kann, ergänzen die solide Technik des CD-Players. Er bewährte sich mit ausreichend schnellem Titelzugriff und tadelloser Fehlerkorrektur und trug seinen guten Teil zum geschlossenen Klangeindruck der Anlage bei.
Letzte Station darin waren Reußenzehn`s Standboxen Classic, stattliche Vierwege-Lautsprecher mit drei Kalotten für Höhen, obere und untere Mitten und einem 25-Zentimeter-Kevlar-Konus für die Bässe, die samt Bi-Wiring-Terminal (ermöglicht separate Kabelführung für hohe und tiefe Frequenzen) zum Paarpreis von 1790 € angeboten werden und gute Musik machen.
Bleibt fünftens die Frage nach den Folgekosten, die sich bei Röhrentechnik immer noch aufdrängt. Reußenzehn liefert Ersatz-Endröhren komplett für 84 € (5881) oder 188 € (KT 88). Für die Treiberröhren ( ECC 83 Spezial) und die Anzeigeröhren in Gestalt Magischer Augen (EM 84) dürfte kaum Ersatzbedarf auftreten.
Ungewöhnliche Leerlauf-und Kurzschlussfestigkeit, so beteuert Reußenzehn, habe er schon in den Tube Slave S hineinkonstruiert. Ohnehin ist er dank seiner handwerklichen Fertigung und dem Eigenvertrieb in engem Kontakt zu seinen Kunden: bei Problemen ein unschätzbarer Vorteil.
GEROLD LINGNAU